Oliver Vogel
Ehrenfilmpreisträger 2015
Produzent
Erfolgsproduzent Oliver Vogel, der mit Quoten-Hits wie ‚SOKO Stuttgart’ und ‚Dr. Klein’ im ZDF-Programm die Serienproduktion am Filmstandort Stuttgart fest verankert hat, erhält den Baden-Württembergischen Ehrenfilmpreis 2015.
Vogel, der für das ZDF auch die Krimireihe ‚Dengler’ aus der Feder des Stuttgarter Bestseller-Autors Wolfgang Schorlau produziert, hat mit seinen Serien aus Stuttgart dafür gesorgt, dass sich das Netzwerk an Filmschaffenden in der Region vergrößert hat und viele der in Baden-Württemberg ausgebildeten und ansässigen Filmprofis auch hier über längere Zeiträume beschäftigt werden können, so begründet das Filmbüro Baden-Württemberg die Vergabe des Filmpreises an den Produzenten.
Nach seinem Studium an der Filmakademie Baden-Württemberg war Stuttgart noch kein Platz, an dem ein Produzent Geld verdienen konnte. So startete Vogel seine Karriere 1997 über den Umweg München und Leipzig, wo er Serien wie ‚In aller Freundschaft’ und ‚Tierärztin Dr. Mertens’ aufbaute sowie später am ‚Polizeiruf 110’ als Produzent beteiligt war. 2008 entwickelte er für die Bavaria Fernsehproduktion eine Krimiserie, aus der später die ‚SOKO Stuttgart’ wurde. Als Produzent kehrte er zurück in seine Heimatstadt und startete mit dem Slogan „Stuttgart ist sexy“ die Krimi-Vorabendserie ‚SOKO Stuttgart’, die sichere und langfristige Arbeitsplätze schuf und den Filmstandort Stuttgart nachhaltig stärkte.
Neben seiner Tätigkeit als Produzent in der baden-württembergischen Landeshauptstadt übernahm Vogel 2010 die Geschäftsführung der Bavaria Film-Tochter Colonia Media, die zwischenzeitlich mit der Bavaria Fernsehproduktion verschmolzen ist.
Die Niederlassung Köln ist für die ‚Tatort’-Folgen aus Köln, Münster und Dortmund, die ARD-Serie ‚Rentnercops’, die ZDF-Krimireihe ‚Dengler’ und hochwertige Fernsehspiele zuständig. Ab 2014 war Oliver Vogel Mitglied der Geschäftsleitung und Prokurist, ab 2015 Executive Vice President Programming der Bavaria Fernsehproduktion GmbH, München. 2021 wechselte er zu Leonine Studios, wo er Co-Geschäftsführer von Wiedemann & Berg Film ist.
"Ziel für die Zukunft sollte das Miteinander sein"
Ehrenpreisträger Oliver Vogel im Gespräch mit Hans-Peter Jahn für den Katalog zur 21. Filmschau Baden-Württemberg 2015
Seine ‚SOKO Stuttgart’ befindet sich auf der Erfolgsspur. Seine zweite Bavaria-Serie aus Stuttgart ‚Dr. Klein’ legte einen grandiosen Start hin. Für den WDR reaktivierte er in diesen Tagen in Köln für die Krimi-Reihe ‚Rentnercops – Jeder Tag zählt’ zwei pensionierte TV-Kommissare, einen vom ‚Tatort’, einen vom ‚Polizeiruf 110’. Und für das ZDF hat Erfolgsproduzent Oliver Vogel gerade den ersten ‚Dengler’-Krimi aus der Feder von Stuttgarts Bestseller-Autor Wolfgang Schorlau abgedreht.
Inzwischen liegen sieben ‚Dengler’-Krimis vor. Wolfgang Schorlau arbeitet an Nummer acht. 2006 wurde der Autor mit dem Deutschen Krimipreis ausgezeichnet. 2014 erhielt er für seinen Polit-Thriller den Stuttgarter Krimipreis. Wie viel Stuttgart steckt im ersten ‚Dengler’-Film?
Oliver Vogel: Der erste ‚Dengler’-Krimi ist ein Meisterwerk geworden. Für einen Produzenten ist das ein echtes Traumprojekt – eine herausragende Romanvorlage, ein Bestseller-Autor, der auch als Mensch in Stuttgart bestens vernetzt ist und der mit der Verfilmung von Regisseur und Drehbuchautor Lars Kraume sehr zufrieden ist. Dazu kommt eine tolle Besetzung. Mit Ronald Zehrfeld gewannen wir für die Rolle des Denglers einen Schauspieler, der vielleicht etwas jünger als der Romanheld im Buch ist, aber charakterlich perfekt passt. Er hat eine Haltung, ist politisch und unbequem. Die Rolle der Olga wird von der großartigen Birgit Minichmayr dargestellt. Die Reihe startet mit dem sechsten Dengler-Roman ‚Die letzte Flucht’. Hauptschauplatz ist Berlin, zwei Szenen spielen in Denglers Privatdetektivbüro in Stuttgart, eine in Hamburg. Die Dengler-Fälle sind immer an unterschiedlichen Schauplätzen angesiedelt; Dengler ermittelt bundesweit. Aber Autor, Titelfigur und einer der beiden Produzenten kommen aus Stuttgart.
Seit diesem Herbst holt ‚Dr. Klein’ für Sie sehr gute Quoten im ZDF-Vorabendprogramm. Als Produzent haben Sie bewusst einen Erzählstil gewählt, der verstärkt jüngere Zuschauer ansprechen soll. Geht diese Rechnung auf?
Oliver Vogel: Um es mit dem Schwimmsport zu vergleichen: Die Serie ‚Dr. Klein’ ist sehr gut vom Startblock weggekommen. Die Quote der ersten Folge lag bei 18,7 Prozent, das ist gigantisch. In der jüngeren Zielgruppe, also bei den 14- bis 59-Jährigen, hatten wir einen Marktanteil von 13,3%. Auch das ist ein überdurchschnittlich guter Wert. Jetzt kommt es – wieder im Schwimmsportvergleich gesprochen – auf den Atem an. Und der Atem der Zuschauer hält an. Nach vier Wochen liegt der Schnitt bei 17,35% Marktanteil und nach wie vor hohen Werte bei den jüngeren Zuschauern. Meinem Headautoren Torsten Lenkeit ist es gelungen, mit seinen Figuren und Geschichten offensichtlich alle Zuschauer anzusprechen, unabhängig vom Alter.
Die ZDF-Krimiserie ‚SOKO Stuttgart’ geht mit konstanten Erfolgsquoten ins sechste Jahr. Warum werden gute Vorabendserien für die Sender immer wichtiger?
Oliver Vogel: Der Erfolg des Vorabendprogramms – Fachleute sprechen von der Access Prime Time – ist für die Sender von enormer Bedeutung. Wenn sich um 18 Uhr vier Millionen Zuschauer für die ‚SOKO Stuttgart’ entscheiden, also das ZDF auf ihrer Fernbedienung drücken, dann profitieren davon alle nachfolgenden ZDF-Sendungen. Die Abwanderung der Zuschauer danach ist gering. Die ‚SOKO Stuttgart’ schafft es also, die Zuschauer am Donnerstag ins ZDF zu locken. Das gilt übrigens für alle SOKOs, von Montag bis Freitag. Aber auch für Filmschaffende sind gute Vorabendserien wichtig. Sie schaffen sichere und langfristige Arbeitsplätze und stärken nachhaltig den Standort. Die ‚SOKO Stuttgart’ geht 2015 ins siebte Jahr, wir drehen von Februar bis November 2015 25 neue Folgen für die ‚SOKO Stuttgart’, insgesamt sind das dann 170 Folgen.
Die SOKO startete mit dem Slogan ‚Stuttgart ist sexy’. Und Stuttgart ist stolz auf seinen Ruf, eine der sichersten deutschen Großstädte zu sein. Nun liefern Sie seit fünf Jahren einmal pro Woche einen TV-Mordfall aus Stuttgart. Ist Stuttgart ein gefährliches Pflaster geworden?
Oliver Vogel: Stuttgart wird auch in der SOKO-Reihe nicht die Hauptstadt des Verbrechens. Diesen Titel – „Hauptstadt des Verbrechens“ – hat Berlin (er lacht). Dort gibt es übrigens noch keine ZDF-SOKO. Stuttgart ist die zweitsicherste Stadt in Deutschland, das werden wir mit der SOKO nicht umdrehen. Wir eifern nicht dem ‚Tatort’ nach, der Serienmörder und Mafiabanden losschickt und auf bis zu 47 Tote pro Folge kommt. Nicht mal jede ‚SOKO Stuttgart’-Folge hat einen Toten, wir hatten auch schon eine Kindesentführung, die unblutig endete. Aber im Schnitt kommt die ‚SOKO Stuttgart’ mit einem Opfer pro Folge aus. Wir setzen auch gesellschaftskritische Themen um. Wie gehen wir mit Vorurteilen um? Eine Person mit Migrationshintergrund, die zwar verdächtig ist, war dann doch nicht der Mörder. Wie gehen wir mit Lebensmitteln um? Es werden Tonnen von Lebensmitteln weggeworfen aber auch in Stuttgart gibt es Menschen, die hungern. In Stuttgart, eine der reichsten Städte in Europa, spielen viele Fälle auch in gut situierten Kreisen. Die klassischen Motive Neid, Rache und Eifersucht gibt es bei Arm und Reich. Den Zuschauern befriedigt es, wenn auch mal ein – sagen wir es auf Schwäbisch „Großkotziger“ verhaftet wird, oder ein korrupter Politiker. Vor dem Gesetz sind alle gleich – das ist ein eisernes Prinzip der SOKO.
Sie sind Schwabe und in Ihrer Heimat tief verwurzelt. Als Produzent sind Sie auch in Köln vor Ort. Welche Projekte entstehen dort?
Oliver Vogel: Nach meinem Studium an der Filmakademie Baden-Württemberg war Stuttgart noch kein ausgeprägter Filmstandort, wo man als Produzent sein Geld verdienen konnte. Also bin ich 1997 über den Umweg München nach Leipzig, wo ich die Serien ‚In aller Freundschaft’ und ‚Tierärztin Dr. Mertens’ aufbaute und später auch am ‚Polizeiruf 110’ als Produzent beteiligt war. 2008 ging ich nach Berlin und entwickelte für die Bavaria Fernsehproduktion eine Krimi Serie. Aus der wurde dann die ‚SOKO Stuttgart’ und so kam ich 2009 zurück in meine Heimatstadt. 2010 übernahm ich zusätzlich, neben meiner Tätigkeit als Produzent in Stuttgart, die Geschäftsführung der Bavaria Tochter Colonia Media, die zwischenzeitlich mit der Bavaria verschmolzen ist. Daher bin ich auch am Standort Köln aktiv, hier entstehen die Tatorte Köln, Münster und Dortmund, für die sich meine Produzentin Sonja Goslicki verantwortlich zeichnet, sowie Fernsehspiele und seit September produziere ich für den WDR eine echte Kölsche Serie: ‚Rentercops – Jeder Tag zählt’. Der Titel ist Programm: Zwei ehemalige Polizisten werden aufgrund von Nachwuchssorgen bei der Polizei aus der Rente reaktiviert, für die Besetzung haben wir dann zwei pensionierte TV-Kommissare reaktiviert – vom ‚Tatort’ Tilo Prückner und vom ‚Polizeiruf 110’ Wolfgang Winkler.
Sie kennen den Filmstandort Südwest von gestern, von heute. Wohin sollte er sich entwickeln?
Oliver Vogel: Die Entwicklung des Standortes würde ich bereits als durchaus positiv bezeichnen. Ende der 90er Jahre ist man als Absolvent der Filmakademie noch aus Baden-Württemberg geflüchtet. Heute bieten sich da schon deutlich mehr Perspektiven. Das liegt auch an der erfolgreichen Medienpolitik des Landes. An anderen Standorten werden Fördermittel gekürzt, in Baden-Württemberg deutlich erhöht. Nach meiner Auffassung macht die Landesregierung in Sachen Filmstandort alles richtig und die MFG Filmförderung hat die Weichen richtig gestellt. Das ging nicht ganz reibungslos über die Bühne. Als die MFG für die ‚SOKO Stuttgart’ erstmals Fördergelder für eine TV-Serie locker machte, hagelte es aus der Produzentenlandschaft Kritik. Gegen mich gab es einen regelrechten Shitstorm. „Der zieht hier das Geld ab und scheffelt es nach München“, hieß es. Heute haben wir zwei Serien in Stuttgart und geben im Jahr über fünf Mio. Euro in Stuttgart aus – und einige der damaligen Kritiker arbeiten heute in meinem Team. Mit einem Kinofilm pro Jahr hat man seine Miete nicht verdient. Aber mit einem Kinofilm, einem Drehblock in einer Serie und einem Fernsehfilm lebt man gut. Ziel für die Zukunft sollte also das Miteinander sein, das stärkt den Standort nachhaltig und alle profitieren davon, auch der kleine, unabhängige Kinoproduzent, der nun ein Team aus Stuttgart rekrutieren kann. Das Konzept, die kulturelle Filmförderung nicht nur für ambitionierte Kinofilme auszugeben, sondern auch Serienproduktionen von hier finanziell zu unterstützen, geht am Ende für alle auf. Und auch das Thema Förderung für Visual Effects: Da nimmt keiner jemandem etwas weg. Sich nur auf ein Standbein zu konzentrieren – der Bauer würde von einer Monokultur sprechen – bringt nicht den gewünschten Effekt. Im Gegenteil, wenn wir gemeinsam Projekte entwickeln und realisieren, dann sind wir ganz weit vorne. In Baden-Württemberg arbeitet die Weltelite im VFX Bereich, die Emmys dieser Kategorie gehen nach Stuttgart, nicht nach Los Angeles! Zusammen sind wir vielleicht auch stark genug für Netflix und Co. und können in dieser Nische die größeren Standorte wie Berlin und München abhängen. Blicke ich nur zehn Jahre zurück, so liegen zwischen gestern und heute zwei Welten.