Alle Preisträgerinnen und Preisträger seit 2001
Preisträgerinnen und Preisträger 2024
Die Stunde der Gewinner*innen – Feierlicher Preisverleihung in der Dürnitz, Altes Schloss Stuttgart
‘No Dogs Allowed’ von Steve Bache
Begründung der Jury:
„Der Film behandelt mit einer mutigen Herangehensweise das Thema Kindesmissbrauch. Mit fein austarierten und klug konstruierten Situationen, in die der pädophil veranlagte Jugendliche Gabo gerät, gewinnt seine Figur eine große Vielschichtigkeit und die Geschichte an Komplexität und Spannung.
Die Entscheidung, bei Gabo beides zu verknüpfen: die Angst vor dem Tätersein und die Erkenntnis, selbst Opfer zu sein, ist dramaturgisch und inszenatorisch sehr gelungen umgesetzt. Die visuelle Sprache eines Feelgood-Teenagerfilms macht die Geschichte zugänglich und gleichzeitig umso schmerzhafter.
Der Mut des Films zeigt sich auch darin, im Kern nicht auf die Betroffenheit eines reinen Dramas zu setzen, sondern auch ambivalente Momente ohne moralische Bewertung stehen zu lassen. Dazu gehört auch das nicht so einfach einzuordnende Ende.
Für die kluge Konstruktion und die präzise Inszenierung dieser ungewöhnlichen aber nahegehenden Geschichte möchten wir den Baden-Württembergischen Filmpreis an ‚NO DOGS ALLOWED‘ von Steve Bache verleihen.“
‚Haus am Hang‘ von Konstantin Münzel
Begründung der Jury:
„‘HAUS AM HANG‘ besticht durch eindrucksvolle Bilder und eine präzise Kameraführung, die die Isolation und Spannung innerhalb einer Einrichtung für straffällig gewordene Jugendliche intensiv erlebbar macht.
Mit starkem Drehbuch und stimmigem Storytelling entfaltet sich die komplexe Beziehung zwischen den Figuren, getragen von der herausragenden schauspielerischen Leistung des Hauptdarstellers.
Als Film, der mit leisen Tönen überzeugt und gerade deshalb eine emotionale Wucht entwickelt, ist ‚HAUS AM HANG‘ ein durchweg gelungenes Drama, das Disziplin und Nähe in einem strengen System reflektiert und als einfühlsame Studie über das Spannungsfeld von Härte und Verletzlichkeit überzeugt.“
‚Nur wir zwei‘ von Olga Alexandra Müller
‚Das leere Grab‘ von Agnes Lisa Wegner und Cece Mlay
Begründung der Jury:
„Mit bemerkenswerter Sensibilität und erzählerischer Kraft wagt sich das Regie-Duo Agnes Lisa Wegner und Cece Mlay an ein weitgehend verdrängtes Kapitel deutscher Kolonialgeschichte. Ihr Film ‚DAS LEERE GRAB‘ macht dabei nicht nur die Grausamkeit dieser Zeit spürbar, sondern auch die schmerzhaften Herausforderungen, denen sich Nachfahren der Opfer bis heute stellen müssen. Dabei geben die Filmemacherinnen den Menschen hinter der Geschichte eine Stimme und ihrem Film eine emotionale Tiefe, die nachhaltig berührt.
‚DAS LEERE GRAB‘ ist weder reine Anklage noch simplifizierende Lösung, sondern ein mutiger, differenzierter Beitrag zu einem Thema, das uns alle betrifft. Ein Film, der daran erinnert, dass echte Versöhnung nur durch Taten gelingt und dessen Botschaft weit über den Kinosaal hinaus hallt.“
‚Detlev‘ von Ferdinand Ehrhardt
Begründung der Jury:
„Die nominierten Filme spiegeln die facettenreiche Spielwiese des Kurzfilms wider und sind dabei extrem unterschiedlich. Verschiedene Techniken, Themen und Erzählformen erschwerten es, ein Bewertungssystem zu finden. Nach einer ausgiebigen Diskussion hat sich ein klarer Favorit herausgestellt.
Der Film überzeugt durch liebevolle Details und ein hohes Maß an Professionalität. Die Geschichte ist emotional und nimmt uns in den Alltag der Figuren mit. Auch wenn die Charaktere absurd sind, sind sie lebendig und handeln authentisch.
Der Gewinnerfilm in der Kategorie Animation ist: ‚DETLEV‘.“
‚WGV-Scratch Lottery‘
geht an die Produktion
5ter Stock Medienproduktion GmbH
Begründung der Jury:
„Wir möchten in diesem Jahr eine Arbeit auszeichnen, die beweist, dass man auch ein eher langweiliges Segment humorvoll bewerben kann. Ungewöhnlich in der Umsetzung und auch im Storytelling zeigt dieser Film, dass es sich immer lohnt, Regeln zu brechen und dass Filme Spaß machen dürfen. Das Resultat: alles andere als ein weiterer, langweiliger Spot für eine Auto-Versicherung. Wir gratulieren der Filmproduktion ‚5ter Stock‘ für Ihren Film ‚Scratch Lottery‘ für die WGV.“
‚AVATAR – The last Airbender‘
Staffel 1, Folge 8
geht an die Artists
Amelie Dillig
Emanuel Fux
Gus Martinez
Begründung der Jury:
„Die Jury ehrt Accenture Song für die herausragende Arbeit an ‚AVATAR – THE LAST AIRBENDER‘. Mit über 400 beeindruckenden Aufnahmen, umgesetzt von einem Team aus über 60 talentierten VFX Artists, vereinen sich in diesem visuellen Meisterwerk Fantasie und Technologie auf höchstem Niveau. Komplexe Full-CG-Environments und eine Vielzahl fantasievoller, fotorealistischer Kreaturen zeugen von technischer und kreativer Perfektion. Die Wasser-, Eis- und Feuereffekte faszinieren mit einer magischen, aber gleichzeitig realistischen Darstellung.
Die enorme Vielfalt und Qualität der VFX hebt die epische Geschichte des Avatars auf ein unvergleichliches visuelles Niveau. Herzlichen Glückwunsch!“
Preisträgerinnen und Preisträger 2023
Die Stunde der Gewinner*innen – Feierlicher Preisverleihung in der Dürnitz, Altes Schloss Stuttgart
‘Jonja’ von Annika Mätzke
Begründung der Jury:
„‘Jonja‘ von Anika Mätzke ist ein wunderbar menschlicher Film, der es schafft, gesellschaftliche Relevanz und Unterhaltung zu verbinden. In seiner feinen Inszenierung bietet der Film Raum für Identifikation und einen breiten Resonanzboden für unterschiedliche Themen wie Eltern-Kind-Beziehungen, tiefe Freundschaften oder der ersten Begegnung mit der eigenen sexuellen Orientierung. Die Filmsprache kombiniert dabei gekonnt moderne Medien mit traditioneller Bildgestaltung. Mit seiner berührenden Figurenführung begeistert und bewegt der Film nicht nur die junge Zielgruppe, sondern regt darüber hinaus auch zum Nachdenken an. ‚Jonja‘ ist ein Film, der sich traut, in einer beobachtenden und langsamen Erzählhaltung genau hinzusehen auf das, was uns im Kern bewegt.“
,Istina` von Tamara Denić
Begründung der Jury:
„Meinungs- und Pressefreiheit ist ein zentrales demokratisches Gut. Aber der Kampf dafür bedeutet oft Kraft, Mut und nicht selten unvorhersehbares Risiko. Mit eindringlichen Bildern, einem beeindruckenden Cast und einer intensiven Handlung zwischen professioneller Berufung und privaten Ängsten erzählt die Regisseurin davon, dass Pressefreiheit auch in Europa täglich erstritten werden muss und manchmal dafür auch mit dem Leben bezahlt wird.
Der Preis für den besten Kurzfilm bei der Filmschau Baden-Württemberg 2023 geht an ‚Istina‘ von Tamara Denić.“
‚Rock Chicks – I am not female to You‘ von Marita Stocker
Begründung der Jury:
„Wegbereiterinnen im Rock Business waren und sind seltene, manchmal sogar scheue Vögel, von denen man viel zu wenig hört. Umso erstaunlicher, was Marita Stocker und ihrem Team mit diesem Kino-Dokumentarfilm gelingt, der in Koproduktion mit ZDF und Arte entstanden ist. Durch ihre tiefgründige Recherche und hervorragende Interviewführung schafft sie es, ihre ‚Rock Chicks – I am not female to You‘ so zu öffnen, dass sie ihre ganz individuellen Strategien als weibliche Musikprofis preisgeben, darunter Pionierinnen wie die Indie-Legende Kristin Hersh, Afropunk-Gitarristin Honeychild Coleman oder die Rock-Bassistin Suzi Quatro.
Im Zusammenspiel von Bildsprache, energiegeladener Musik und verschmitztem Humor wird der Film zu einem künstlerischen Gesamtpaket, bei dem das Handwerk in allen Gewerken stimmt. Darüber hinaus springt die geballte Power über und macht Lust, alle Herausforderungen des Lebens mit eigener Spielart zu rocken. Wir gratulieren herzlich!“
‚The Last Bar‘ von Arne Hein, Svenja Weber, Theresa Worm, Torben Hensel und Louis Wick
Begründung der Jury:
„Unerschrocken raffiniert animiert, detailversessen in jedem Gestaltungsaspekt und geradezu selbstmörderisch produziert – in Anbetracht des wahnsinnigen Arbeitsaufwands von Stop-Motion-Filmen, präsentieren uns die Filmemacher*innen um Arne Hein, Svenja Weber, Theresa Worm, Torben Hensel und Louis Wick eine cineastisch bildgewaltige und dramaturgisch höchst ungewöhnliche und kraftvolle Debütarbeit. ‚The Last Bar‘ zieht uns auf der großen Leinwand ganz tief in ein existenzialistisches Personen-Karussell mit mysteriösen, aber auch liebevollen Charakteren. Das Ergebnis ist große, ungestüme und beindruckende Kinoleidenschaft. Das ist Sturm und Drang. Das ist Träumen mit offenen Augen. Bitte mehr davon. Viel mehr.“
‚BIG e – the new e Sprinter‘ von der Agentur Preuss und Preuss
Begründung der Jury:
„Eine Arbeit, die – auch wenn sie das Genre nicht völlig neu erfindet – durch die qualitativ perfekte Machart, den hohen Unterhaltungswert, das liebevolle Art-Department und die perfekte Symbiose aus Musikauswahl und Visualisierung besticht. Wir gratulieren dem diesjährigen Preisträger, der Agentur Preuss und Preuss, für den Film ‚BIG e‘ für den Kunden Mercedes-Benz.“
Preisträgerinnen und Preisträger 2022
Die Stunde der Gewinner*innen – Feierlicher Preisverleihung in der Dürnitz, Altes Schloss Stuttgart
‘Lucky Girl’ von Marysia Nikitiuk
Begründung der Jury:
“‚Lucky Girl‘ von Marysia Nikitiuk erzählt mitreißend den tiefen Fall einer hochmütigen, charismatischen und glamourösen TV-Moderatorin, die von einer Krebsdiagnose zu Boden geworfen wird und sich den Fragen nach der Wahrheit und dem Wesen der menschlichen Existenz stellt. Der Film schont seine Hauptfigur zu keiner Sekunde und konfrontiert sie in ihrem Überlebenskampf mit der Wirklichkeit von sozialer Ausgrenzung und Todesangst, die oft nur mit sarkastischem Humor ertragen werden kann.
Die Hauptdarstellerin Ksenia Khyzhniak gestaltet die Hauptrolle mit atemraubender Intensität. Ihre Nina ist hart, arrogant, rebellisch, einsam, fragil – und am Ende unzerstörbar. Für diese Erzählung, die zu jeder Minute unter die Haut geht, finden Regie und Kamera (Sergiy Mykhalchuk) eine starke künstlerische Bildsprache. In ihrer sowohl kühlen als auch knallbunten Farbgestaltung wird die brutale Härte der Krankheit und die Wärme kleiner humor- und liebevoller Szenen optimal transportiert.”
Regisseurin Marysia Nikitiuk (per Live-Schalte) und Co-Produzent Sven Schnell mit den Jury-Mitgliedern Sven Döbler (MDR-Redakteur Spielfilm) und Nicole Buck (Produzentin Soko Stuttgart) sowie Festivalleiter Oliver Mahn.
“Luckywon” von Julia Schubeius
Begründung der Jury:
“Ein Lottogewinn wird zur Chance auf ein neues Leben – und zum Katalysator einer Emanzipationsgeschichte. Leichtfüßig und sensibel gelingt es der Regie in ‚Luckywon‘, die Hoffnung eines Ehepaares auf finanzielle Unabhängigkeit als filmisches Kammerspiel zu erzählen.
Der Film besticht durch herausragende Schauspieler*innen und brillante Dialoge, die von heimlichen Träumen, tief verankerten Abhängigkeiten und dem Wunsch nach Aufbruch und Selbstbestimmung erzählen. Mit einer bemerkenswerten Kameraarbeit und klug inszenierten, nie voyeuristischen Bildern wird das Publikum mit den beiden rollstuhlfahrenden Hauptfiguren auf einen emotionalen Sturzflug mitgenommen, der so authentisch und unvorhersehbar ist, dass man mal mitlachen, mal mitweinen möchte.”
Regisseurin Julia Schubeius und Editorin Frauke Tietjen mit Päsenterin Elisa Kromeier (Programmleiterin Filmschau 2008-21) und Jury-Mitglied Sina Flubacher (Dramaturgin) sowie Festivalleiter Oliver Mahn.
“Auf der Spur des Geldes” von Susanne Binninger und Britt Beyer
Begründung der Jury:
“Was haben Journalismus und Dokumentarfilm gemein? Bilden das lange filmische Format und die Aufgaben prägnanter journalistischer Information nicht Gegensätze? Eine Antwort liefert ‚Auf der Spur des Geldes‘.
Susanne Binninger und Britt Beyer begleiten zwei hochbrisante Investigationen des Recherchenetzwerks CORRECTIV: eine millionenschwere Spendenaffäre zugunsten der AfD und parallel dazu den Steuerbetrug mit CumEx-Geschäften, bei dem Milliardensummen aus öffentlichen Kassen verschwinden.
Der Film erzählt komplexe Zusammenhänge spannend wie ein Krimi – nur leider stammt er aus der Realität. Und er zeigt, dass freie Medien unverzichtbar sind für das Gelingen von Demokratie. Ein wichtiger Dokumentarfilm – und herausragend dazu.”
Infos zum Film / Link zum Film
Die Jury-Mitglieder Antonia Kilian (Regisseurin, Kamerafrau, Produzentin) und Ulrike Becker (Haus des Dokumentarfilms) geben die Siegerinnen bekannt. Susanne Binninger und Britt Beyer konnten leider nicht vor Ort sein.
“Giant and the Seed” von Sara Shabani Hesari
Begründung der Jury:
“In einer mystischen Welt mit einzigartiger Atmosphäre werden wir auf eine traumhafte Reise geschickt. Gemeinsam mit dem Protagonisten erleben wir die Herausforderungen des Unbekannten und ahnen, dass dies nur der Anfang einer wichtigen Metamorphose ist.
Wie ihre Figur scheinen auch die Filmemacherin und ihr Team neugierig und voller Experimentierfreude. Das unkonventionelle Zusammenspiel von verschiedenen Animationstechniken, subtiler Tongestaltung und charaktervoller Musik zeigt in besonderer Weise, welch künstlerische und innovative Kraft im Animationsfilm stecken kann. Wir gratulieren dem Team von ‚Giant and the Seed‘!”
Regisseurin Sara Shabani Hesari und Komponist Hannes Bieber mit den Jury-Mitgliedern Sven Bergmann (Media GmbH) und Sonja Ludwig (Media GmbH) sowie Festivalleiter Oliver Mahn.
“100 Jahre Ejot – History of the Screw” von Maximilian Buck, eine Cinecore Motion Pictures GmbH Produktion
Begründung der Jury:
“Ein Briefing, wie es wahrscheinlich täglich in Deutschland an eine Produktion gegeben wird. Das Produkt: Eher unscheinbar, es wird gebraucht, aber nicht geliebt, man vergisst es, sofort nach der Verwendung, schon wieder. Eigentlich keine guten Voraussetzungen, könnte man meinen. Dass man daraus einen humorvollen, mutigen und überraschenden Film machen kann, mit einer ungewöhnlichen Umsetzung, einem liebevollen Casting, überragender Ausstattung, das zeigt der Film ‚100 Jahre EJOT – History of the screw‘. Ein Film, der in diesem Jahr alle anderen überstrahlt hat. Die Jury gratuliert dem diesjährigen Preisträger Bester Werbefilm bei der Filmschau Baden-Württemberg!”
Infos zum Film / Link zum Film
Jury-Mitglied Holger Oehrlich (Product- und Grafikdesigner) präsentiert den Werbefilm 2022 gemeinsam mit Festivalleiter Oliver Mahn. Der Gewinner konnte leider nicht vor Ort sein.
Preisträgerinnen und Preisträger 2021
Die Stunde der Gewinner*innen – coronabedingte Online-Preisverleihung
York-Fabian Raabe
mit “Borga”
“York-Fabian Raabes Spielfilmdebüt ‚Borga‘ erzählt ungeschminkt und unmittelbar von den Rückschlägen beim Versuch des Empowerments. Die Hauptfigur Kojo will unbedingt ein ‚Borga‘ werden, einer, der Ghana verlässt und es in der Welt zu etwas bringt. Das alles hat rein gar nichts mit einem inspirierenden „From rags to Riches“-Märchen zu tun, sondern vielmehr mit einem schmerzhaften und schonungslosen Kampf gegen soziale Ungerechtigkeit, gegen Rassismus und Vorurteile.
Das gesamte Ensemble, angeführt von einem sehr kraftvollen, überragenden Eugene Boateng in der Rolle des Kojo, entfesselt eine schauspielerische Wucht und spielt die Geschichte zwischen Ghana und Mannheim gleichzeitig leicht, lebendig und herzzerreißend nah.”
Zornitsa Dimitrova
mit “A Dark Moment of Faith”
“Präzise beobachtet, gibt die Regisseurin Zornitsa Dimitrova der jungen Hauptdarstellerin Vicky durch Improvisation genug Raum, um ihre Rolle so zu gestalten, dass sie uns tief berührt. In 18 Minuten gelingt ihr das Kunststück, das wichtige Thema des Frauenhandels in Europa in eine fesselnde filmische Narration zu überführen.
Ein Kurzfilm im besten Sinn: Jede Einstellung ist präzise gewählt und treibt uns mit Spannung bis zum unvorhersehbaren Ende. Bravo!”
Marius Brüning & Johannes Preuss
mit “Mein fremdes Land”
“Der Film ‚Mein fremdes Land‘ nimmt uns mit auf eine Reise. Der 30-jährige Manuel bricht aus der schwäbischen Idylle aus und fliegt nach Bolivien, um seine leibliche Mutter zu suchen. Der Ausgang ist offen. Und genau darin liegt die Stärke des Films: in seiner offenen Herangehensweise und hohen Authentizität. Wir begleiten die Protagonist*innen und spüren ihre Momente der Überraschung, der Überwältigung und auch der Überforderung. Wir sind unmittelbar dabei, wenn Manuel eine neue Lebenswelt entdeckt und dabei das Kamerateam zu vergessen scheint. Als Zuschauende werden wir Teil des Suchteams und stellen uns eigene Fragen zu Herkunft, Identität und Zugehörigkeit.
`Mein fremdes Land‘ verzichtet bewusst auf laute Effekte, auf Brisanz und das große Fanal. Der Film überzeugt vor allem durch seine leisen Töne, durch genaue Beobachtung und eine erzählerische Unmittelbarkeit.”
Ferdinand Erhardt & Elias Weinberger
mit “Obervogelgesang”
“Der Film ‚Obervogelgesang‘ erzählt auf sehr intime Weise von den Gedanken einer Teenagerin über die unsichtbare Ausbreitung von Fremdenfeindlichkeit in ihrer Heimat. Mit angenehmer Leichtigkeit behandeln die Filmemacher*innen dieses Thema in sehr berührender Form. Die Entscheidung der Protagonistin, zukünftig gegen Rassismus vorzugehen, ist ein Aufruf für den Zusammenhalt in unserer Gesellschaft zu kämpfen.
33 Prozent – eins, zwei, Nazi! Diese Aufzählung trifft den Zuschauer bis ins Mark. Die sensible Animation, das beeindruckende Sounddesign und die bewegende Musik machen aus dem Kurzfilm ein Zeitdokument, das uns immer wieder daran erinnert, wie wichtig es ist, den Kampf gegen rechtsextreme Ideologien aufzunehmen und Kante zu zeigen. Ein Film, der unter die Haut geht und Mut macht.”
Cinecore Motion Pictures GmbH
mit “100 years Theben”
“Der Gewinner des diesjährigen Werbefilmpreises der Filmschau Baden-Württemberg inszeniert Haigerloch im Zolleralbkreis hollywoodreif. In mehreren Parallelsträngen erzählt der Hersteller von Zeitschaltuhren, die Theben AG, einen Zeitraum von einem Jahrhundert pünktlich zum 100. Firmenjubiläum. Damit erweckt die Theben AG nicht nur die Unternehmensgeschichte, sondern auch seinen eigenen Unternehmergeist „Der Mut, sich immer neuen Herausforderungen zu stellen“ zum Leben. Und schafft dabei ganz nebenbei ein kleines Stück Zeitgeschichte – in beeindruckenden, cineastischen Bildern und einem packenden Storytelling.
Gratulation an die Macher und alle Beteiligten! Angefangen mit der Produktion Cinecore Motion Pictures GmbH aus Stuttgart und dem gesamten Team von Theben AG um ihren CEO Paul Sebastian Schwenk, der selbst auch eine kleine Rolle in diesem epischen Werk spielt.”
Preisträgerinnen und Preisträger 2020
Die Stunde der Gewinner*innen – Impressionen von der Preisverleihung
Lena Knauss
mit “Tagundnachtgleiche”
“Ein Liebesfilm, der aktueller nicht sein könnte. Ist es die Sehnsucht, die Idealisierung, die Projektion auf den Menschen meiner Träume oder wird es eine Liebe für das wahrhaftige Gegenüber? Und wie reifen die Protagonisten in diesem Prozess?
Mit diesen Fragen nimmt uns der Film mit auf eine subtile Reise in passgenauen filmischen Räumen, exzellent in Szene gesetzt, mit hervorragenden Schauspieler*innen besetzt und mit einer kongenialen Musik, die die jeweiligen Stimmungen besonders unterstützt.
Eine gelungene und einfühlsame Gesamtkomposition, deren wunderbare Bilder und Entwicklungen der Geschichte uns immer wieder überraschen und gespannt mitfiebern lassen.
Und die Aussicht am Ende – ein Neuanfang? Sehr gelungen! Kino vom Besten!”
Andreas Kessler
mit “Sinkende Schiffe”
“Ein intimer, leiser Film, der vom ersten Bild an auf bedrückende, brutale Weise unter die Haut geht und berührt. Feinfühlig und mit herausragender schauspielerischer Leistung der drei Hauptdarsteller-*innen inszeniert Andreas Kessler ein Familiendrama um Gewalt und Liebe, Unterdrückung und Zuneigung, Ängste und Sehnsüchte der drei Protagonist*innen.
Mit der Hauptfigur Sara verfangen wir uns in einem emotionalen Netz aus bemühter Anpassung, Scham, Abhängigkeit und Sorge um den gemeinsamen Sohn. Schmerzhaft empfinden wir die allgegenwärtige Angst vor der nächsten Eskalation ihres Mannes Theo und das fast ohnmächtige Bedürfnis nach Befreiung.
Ob diese darin liegen kann, selbst zum Täter zu werden, wenn man die Macht und Möglichkeit dazu hat, damit konfrontiert uns ‚Sinkende Schiffe‘ und bietet dabei keine einfachen Lösungen, keine offensichtliche „Rettung“, sondern beleuchtet ein gesellschaftlich höchst relevantes, von außen oft unsichtbares Tabu-Thema – familiäre Gewalt – intensiv und eindringlich.”
Moritz Schulz
mit “Sommerkrieg”
“In der Ukraine herrscht Krieg. Jasmin und Jastrip, beide zwölf Jahre alt, gehen ins Sommerlager des ultranationalistischen Asow-Bataillons. „Die, die gehorchen, werden nicht bestraft“, heißt es von den selbst noch jugendlichen Ausbildenden, die die Kinder in paramilitärischen Drill nehmen.
Der Film ‚Sommerkrieg‘ zeigt sehr drastisch, wie die Kinder für die Anpassung an ein rigides System mit Anerkennung belohnt werden und dies eine fast unerklärliche Faszination und Motivation schürt.
Beobachtend, respektvoll, aber mittendrin dokumentiert der Film das paradoxe Geschehen mit allen Mitteln der Filmkunst. Dabei greifen Montage, Filmmusik und Tongestaltung gezielt ineinander, um die Haltung des Regisseurs subtil aber doch klar zu vermitteln. So, wie die autoritäre Führung des Lagers die Kinder in ihren Sog zieht, so zieht auch der Film die Zuschauenden beklemmend in seinen Bann.
‚Sommerkrieg‘ wirkt lange und intensiv nach und wirft grundsätzlich die Frage nach einem gesunden Verhältnis von Sicherheit und Freiheit auf – ein Thema, das auch in unserer Gesellschaft aktueller ist denn je.”
Andreas Hykade
mit “Altötting”
“Altötting von Andreas Hykade nimmt die Zuschauer*innen mit auf eine sehr persönliche Reise des Glaubens, von der beinahe unendlichen Liebe zur Jungfrau Maria bis hin zum Verlust derselben.
Am Schluss bleibt die Zerrissenheit zwischen der Erkenntnis und der verlorenen Liebe.
Aus dem immer-gleichen schwarz-weißen Stakkato des “Lauf des Lebens” der Trauernden entwickelt sich durch kraftvolle Farben, mystische Figuren und eine wunderbar fließende Animation ein ekstatischer Zustand der Liebe.”
Das Netz – Die neue Serie der S-Bahn Berlin
“Es geht immer so lange nicht, bis einer kommt und es einfach macht. So die S-Bahn Berlin.
Wo andere Agenturen immer wieder besprechen, dass man eine BrandedEntertainment-Serie nur dann erfolgreich produziert, wenn man einen Entertainment-Regisseur holt, Entertainment-Schauspieler bucht und ein Script, das nicht wie Werbung daherkommt – hat ‚Das Netz‘ genau das einfach getan.
Mit weitem Abstand die Nummer eins in diesem Wettbewerb und hoffentlich ein KickOff für eine ganze Branche. Chapeau!”
PreisträgerInnen und Preisträger 2019
Die Stunde der Gewinner*innen – Impressionen von der Preisverleihung
Katrin Gebbe
mit ”Pelikanblut”
“Der Preis geht an eine Geschichte, die sich einem psychologischen Sonderfall widmet. Eingebettet in ein Setting, das gleichzeitig besonders als auch alltäglich ist. Mit Figurenkonstellationen, die außergewöhnlich und doch vertraut sind. Vordergründig die Fallstudie einer reaktiven Bindungsstörung, doch darunter eine kontroverse Parabel über Emanzipation, in der die Selbstbestimmtheit einer Frau beständig Gefahr läuft, sich Zwängen zu unterwerfen, äußeren, sozialen, und selbstauferlegten. Ein Balanceakt in sperrigen Themen, der durch eine sensible Inszenierung, komplexe Bildsprache und mit geschickt gesetzten generischen Stilmitteln visuell und narrativ packend gemeistert wurde. Die Verstörung entsteht nicht mit dem Holzhammer, sondern im Detail mit einer beunruhigend nachvollziehbaren Emotionalität. Durch die unkonventionelle, mutige Annäherung des Sozialdramas an den Genrefilm gelingt es, den psychischen Druck der Protagonistin auf das Publikum zu übertragen. Wir fühlen die Bedrohung der Familie, spüren die Konsequenzen für die Mitmenschen und verstehen dennoch den Wunsch einer Frau, einem traumatisierten Kind bis zur Selbstaufgabe zu helfen. Selbst wenn ihr Wille zum Wahn wird, der scheinbar alles legitimiert, auch ein riskantes, mystisches, in seiner Konsequenz erstaunlich schlüssiges Ende, das in ungewöhnlicher Weise versöhnlich und bedrohlich zugleich, sein Publikum herausfordert.”
Regisseurin Katrin Gebbe gewinnt den Baden- Württembergischen Filmpreis für ”Pelikanblut”
Martin Busker
mit ‘Zoros Solo’
“Es gibt sie – die Filme, die auf eine beschwingte Art Botschaften vermitteln. Die unter anderem also zum Lachen und zum Nachdenken anregen. Schön, dass eine solche Regie ‐ Arbeit in die Auswahl zur baden ‐ württembergischen Filmschau gelangt ist, denn für die Jury ist genau dies ein Ansatz, den die Filmbranche weiterverfolgen sollte. Wir sind der Meinung, dass E und U, vermeintliche ‘Hoch ‐ und Popkultur’, sich gegenseitig nicht ausschließen. Dass Leichtigkeit und Schwere neben ‐ und miteinander Raum und Anerkennung verdienen, auch auf Filmfestivals.”
Martin Busker’s ”Zoros Solo” erhält eine Lobende Erwähnung
Johannes krug
mit ‘Divine 419 - Hawkers Hustle’
“Dieser Film hat ‘Seele’. Im wahrsten Sinne, denn die Geschichte der Straßenverkäufer, die sich in ihrer Not als Straßenprediger ausgeben, hat die Jury emotional berührt und überzeugt. ‘Divine 419 ‐ Hawkers Hustle’ ist formal zurückhaltend, wie bestechend ehrlich. Die authentische Inszenierung zieht sich nicht streng an einer Form entlang, sondern lässt den Figuren im Spiel und der Geschichte ihren Raum. Das ist nicht perfekt, aber berührend und voller Lebensfreude. Wir sind hautnah dran, wie die Träume der beiden Protagonisten sie kreativ werden lassen müssen. Kwane und Joshua überzeugen ohne moralischen Zeigefinger und trotz aller Rückschläge, mit ihrer ehrlich unehrlichen Geschichte über Hoffnung.”
Der Preis für den besten Kurzspielfilm geht an Johannes Krug für ”Divine 419 - Hawkers Hustle”
Alla Kovgan
mit ‘Cunningham’
“Die Regisseurin porträtiert in ihrem Film das Leben des Tänzers und Choreographen Merce Cunningham bis in die Mitte der 1970er. Das klingt so einfach wie banal – und ist doch so schwer. Das umfangreiche Archivmaterial hat sie nicht nur kenntnisreich ausgewählt, sie hat es auf eine moderne und ungewöhnliche Art in den Film eingebettet. Die neu inszenierten Tanzaufnahmen geben mehr als nur einen Eindruck der Arbeit von Cunningham wieder. Sie zeigen, wie zeitlos dieser Künstler gearbeitet hat. Nicht zuletzt lässt er seine Zuschauer teilhaben an dem kreativen Melting Pot im New York der 1960er Jahre, in dem Künstler wie John Cage, Robert Rauschenberg und eben Merce Cunningham Kulturgeschichte geschrieben haben. Ein gutes Ballett ist die Einheit von Choreografie, Tanz, Musik und Bühnenbild. Dieser Film erweitert dieses noch um eine weitere, optische Dimension. So wird ‚Cunningham‘ zu einem Gesamtkunstwerk, das einen staunen lässt. Alla Kovgan lässt ihre Zuschauer teilhaben an der Faszination des modernen Tanzes, der revolutionär sein kann und so viel mehr als pure Kunst um der Kunst willen ist.”
Die Produzentin Jamila Wenske nimmt den Preis für den Dokumentarfilm ”Cunningham” entgegen. Das Preisgeld wurde vom Haus des Dokumentarfilms gestiftet.
Jasmin Astaki-Bardeh
mit ‘Zwischentage’
“Der Film zeigt, was vom einstigen Motor des bundesdeutschen Wirtschaftswunders übrig bleibt. Kulissen einer Industrie die überflüssig geworden scheint. Kulissen aber auch für eine Zukunft als Horrorlabyrinth, in dem Bergarbeiter als Zombies die Besucher das Gruseln lehren sollen.”
Matisse Gonzalez
mit ‘Gravedad’
“Der Film entführt den Zuschauer in eine fremde, traumartige Welt, die ihren eigenen Regeln folgt. Gemeinsam mit der Hauptfigur erlebt er, was es bedeutet, an leichten Tagen zu den Sternen zu schweben, während die schweren Tage scheinbar keinen Trost bieten. Erzählt wird diese Welt in einem mutigen Animationsstil, der auf organische Linien und reduzierte Farben setzt, ohne die Figuren dadurch ihrer Glaubwürdigkeit zu berauben. Die fast märchenartige Erzählstruktur des Films wird dabei durch den gekonnten Einsatz von unerwarteten, humorvollen Elementen aufgebrochen, wobei das Medium des Animationsfilms gleichzeitig spielerisch und gezielt eingesetzt wird. ‚Gravedad‘ erschafft damit eine glaubhafte Welt, deren Figuren den Zuschauer anregen darüber nachzudenken, was es bedeutet mutig für seine Träume einzustehen.”
Matisse Gonzalez erhält den Preis für ”Gravedad” in der Kategorie Animationsfilm
Pascal Schelbli
mit ‘The Beauty’
‘The Beauty’ von Pascal Schelbli “sticht mit seinen ästhetischen Bildern und fotorealen visuellen Effekten heraus. Der professionell umgesetzte Spot kombiniert das real gedrehte Filmmaterial mit 3D ‐ animierten Kreaturen, die perfekt integriert in Szene gesetzt werden und das aktuelle Thema ‘Müllverschmutzung in den Weltmeeren’ gut veranschaulicht.”
Pascal Schelbli’s ”The Beauty” erhält eine Lobende Erwähnung
‘Schwarz-IT //, Bist Du bereit für Großes’
“Es ist ein Thriller, der die Qualitäten einer Sequenz aus der ‚Bourne‘ ‐ Reihe, eines Ausschnitts aus ‚James Bond 007‘ oder eines Stücks aus ‚Mission Impossible‘ hat. Es ist Vorstellung des motivierenden Missions ‐ Chefs, es ist die Einführung der cleveren Mitglieder eines High ‐ Tech Spionageteams und es ist die Darstellung einer herausfordernden Mission, die die gesamte Crew und alle Teilnehmer persönlich weiterbringt und die einer tollen Sache dient. Das Recruiting ‐ Stück ‘Bist Du bereit für Großes?’ ist ein sehr gelungener Werbefilm zum Thema Employer Branding und Human Ressources ‐ Entwicklung. Er zeigt die Aufgaben und Anforderungen der Schwarz IT gelungen und die Spannung bleibt bis zum Schluss. Nach diesem Stück wollen alle Bewerber und Bewerberinnen zwischen 20 und 30 Jahren bei diesem Betrieb anheuern. ‐ Die Schwarz IT hat ein schwieriges Thema sehr gut angesprochen und für die Zielgruppe spannend umgesetzt.”
‘Playmobil - Finya und Florin bei den
Meerjungfrauen’
Produktion Woodblock GmbH & Co. KG, Auftragggeber geobra Brandstätter Stiftung & Co. KG und ‘Diakonisches Werk der evangelischen Kirche in Württemberg e. V.’, Produktion AV Medien Film und Fernsehen, Auftraggeber Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden ‐ Württemberg.
PreisträgerInnen und Preisträger 2018
Die Stunde der Gewinner*innen – Impressionen von der Preisverleihung
Jens Wischnewski
mit ”Tatort- Anne und der Tod”
Der Hauptpreis der Filmschau 2018 geht an den Film „Tatort – Anne und der Tod“ von Jens Wischnewski. Die Jury kam zum einstimmigen Ergebnis, dass der Tatort „Anne und der Tod“, basierend auf einem hervorragenden Drehbuch von Wolfgang Stauch ein ausgezeichneter und deshalb auszeichnungswürdiger Film ist: Nicht nur, weil Regisseur Jens Wischnewski mit großer Sensibilität seine exzellente Hauptdarstellerin Katharina Marie Schubert durch ein Sujet führt, in dem es zahlreiche Klischee-Fallen zu umschiffen gilt. Sondern auch, weil der durchweg packende Film es wagt, die Ambivalenz der Themen Missbrauch, Angst vor sozialem Abstieg und Pflegenotstand auszuhalten ohne sie in eine Krimi-taugliche eindeutige Auflösung zu überführen. ‘Leute, das kriegt ihr nie raus’, sagt der Pathologe. Das gilt auch für den Zuschauer, der ständig durch neue Wendungen überrascht und dabei mit den eigenen Vorurteilen gegenüber der Pflegebranche und scheinbaren ‘Todesengeln’ konfrontiert wird. Zeitsprünge werden zu einer dramaturgisch eleganten Collage verbunden. Immer wieder funkelnde Dialoge: ‘Schwester Fummel und der Tod. Es wäre komisch, wenn es komisch wäre.’ – ‘Was würde Sie daran mehr stören: Schwester Fummel? Oder der Tod?’ Dabei sind es die beiden männlichen Kommissare, die mit ihrer unnachgiebigen Verhörtechnik, ohne es zu merken, einen Missbrauch wiederholen, der aus Scham vermeintliche Schuld werden lässt. Ein brisanter Kriminalthriller, doppelbödig, intensiv, dicht inszeniert, brillant gespielt – der im Zuschauer noch lange nach Filmende nachwirkt.”
Regisseur Jens Wischnewski gewinnt denBaden- Württembergischen Filmpreis für ”Tatort- Anne und der Tod”
Cengiz Akaygün
mit ‘Der Mandarinenbaum’
“Der Mandarinenbaum ist eine in sich geschlossene, feinfühlige kleine Geschichte mit großen Gefühlen, liebevoll und stimmig erzählt. Der Film überzeugt durch starke Bilder und glaubhafte Figuren, eine schlüssige Handlung mit Steigerungen und Überraschungen. Ein junges Mädchen nutzt die Symbole eines unterdrückerischen Systems, um ihrem aus politischen Gründen inhaftierten Vater Hoffnung zu schenken:
Ein Vogel und ein Mandarinenbaum werden zur Ikonografie der Freiheit, die sich schließlich durchsetzt und stärker ist als der Sadismus der kleinen Leute in einem unterdrückerischen System, ja stärker als das System selbst.
Am Ende bleibt die Botschaft: Die Gedanken sind frei.”
Der Preis für den besten Kurzspielfilm geht an Cengiz Akaygün für ”Der Mandarinenbaum”
Lilith Kugler
mit ‘La Maladie du Démon’
“Lilith Kugler hat mit ihrem Film ‘La Maladie du Démon’ ein humanitäres Problem aufgegriffen, welches in unseren Breitengraden völlig unbekannt ist. Mit ihrem Engagement unterstützt sie die Aufklärung über Krankheiten, die nicht ihren Ursprung in Bessenheit durch Dämonen haben und hilft damit Menschen, die von neurologischen Krankheiten betroffen sind. Mit ihrer sensiblen Vorgehensweise lässt sie viel Raum für die Betroffenen und für die, die Hilfe leisten. Die Kamera ist immer nah am Geschehnis und agiert unaufgeregt. Die Jury hat sich dafür entschieden Lilith Kugler, die ein so brennendes und emotionales Thema umgesetzt hat, für La Maladie du Démon eine lobende Erwähnung auszusprechen.
Lilith Kugler’s ”La Maladie du Démon” erhält eine Lobende Erwähnung
Constantin Hatz
mit ‘Stammtisch’
“Ein Stammtisch ist ein Ort der Passionen, Sehnsüchte, Ängste und politischer Meinungen. Ein Ort, an dem man seine Freizeit verbringt und der den Menschen im Alltag Raum für die Vorstellung vom eigenen Glück bietet. In seinen ruhigen, starken komponierten Einstellungen gibt der Film Einblicke in dieses „Mysterium“. Jeder Stammtisch ist ein eigenes Psychogramm seiner Teilnehmer. Nur durch die Auswahl des Schnitts gefiltert, kann der Zuschauer fast voyeuristisch den Treffen verschiedenster Interessengruppen unmittelbar beiwohnen und somit in ihre Welten eintauchen. Dies fällt manchmal leicht oder auch schwer, lässt einen aber noch lange nach dem Abspann über das Gesehene und seine Form nachdenken. In der Kombination des Themas und der Ästhetik zeigt sich eine klare Handschrift des Filmemachers und geht somit in seiner Konzeption nahe an die Grenze zwischen Dokumentation und Spielfilm. Besonders hervorgehoben werden sollte außerdem die starke und moderne Bildsprache, die die einzelnen Geschichten zusammenführt. Die Jury zeichnet mit „Stammtisch“ einen progressiven und mutigen Dokumentarfilm und Filmemacher aus, der in allen Gewerken begeistert.”
Der Produzent Martin Schwimmer nimmt den Preis für den Dokumentarfilm ”Stammtisch” von Constantin Hatz entgegen
Mareika Greiss
mit ‘Liz & Evie’
“Der Film ‘Liz und Evie’ von Mareika Greiss hat den Mut, sich Zeit zu lassen. Wir können uns den Figuren behutsam und neugierig nähern, um uns mit ihnen zu verbinden und von ihnen überraschen zu lassen. Die feine Dramaturgie der Story ist einfach und bleibt doch spannend bis zum nicht vorhersehbaren Ende. Sie erfreut mit ihrer Mischung aus Humor, Melancholie und Tiefe. Sie lässt dem Zuschauer Raum für eigenes Fühlen. Technisch besticht der Film durch ausdrucksstarke Figuren, deren Animation hervorragend umgesetzt wurde, sowie liebevoll gestaltete Sets. Die Kamerafahrten, die unaufgeregte Rhythmik, die unterschiedlichen Atmosphären bestechen durch Klarheit und Prägnanz. Insgesamt trägt der Film die Handschrift von Sorgfalt, Klugheit, Sensibiltät und feiner stringenter Führung. Er strahlt eine geschmackvolle Eleganz aus.
Mareika Greiss erhält den Preis für ”Liz & Evie” in der Kategorie Animationsfilm…
…und Carolin Schattenkirchners ”Klassiker in 3 Minuten” wird mit einer lobenden Erwähnung bedacht.
An dieser Stelle möchten wir - die Jury - den Beitrag ‘Klassiker in 3 Minuten’ von Carolin Schattenkirchner zusätzlich lobend erwähnen. Die extrem verdichtete und humorvolle Erzählweise, die Liebe zum Detail in der scheinbar einfachen Stilistik hat uns begeistert.”
Erstmals wurde bei der 24. Filmschau Baden-Württemberg der mit 2.000 Euro dotierter Werbefilmpreis vergeben. Die Trophäe gewinnt die Stuttgarter Schokolade Filmproduktion GmbH für den Werbespot ‘Mirapodo – Das Leben ist kein Laufsteg’. Mit je einer Lobenden Erwähnung wurden die Werbespots ‘Märklin – Gleis 1’ von Karli Baumann Werbefilmproduktion in Ludwigsburg und ‘You Can’t Spell it’ von AV Medien Film + Fernsehen GmbH in Stuttgart bedacht.
“Besser lässt sich Abverkauf nicht ankurbeln”, lobt die Jury den Siegerspot vom Online-‐ Schuhhändler Mirapodo. In diesem Werbefilm der Schokolade Filmproduktion GmbH steht der Schuh im Mittelpunkt, und zwar im Alltag. “Das heißt: unaufgeräumtes Wohnungschaos, bastelndes Kleinkind, schreiendes Baby, Hausarbeit und Berufstalltag – und trotzdem der passende Schuh zur Hand oder am Fuß, denn der lässt sich kurzer Hand online bestellen”, heißt es in der Begründung weiter.
“Auch wenn hier das ein oder andere Klischee – Frauen mögen Schuhe, Belohnungskauf gegen Stress – heraufbeschworen wird: Der Spot wirkt. Denn er spricht die Zielgruppe gekonnt an. Er zeigt Situationen mit denen sich die meisten der Zuschauer identifizieren können. Und gerade das macht den Spot ‚Das Leben ist kein Laufsteg, aber schöne Schuhe gehen immer‘ so sympathisch. Musik, Rhythmus und Darsteller emotionalisieren und involvieren. Und ganz wichtig: Der Spot aktiviert. Am Schluss gibt es den Verweis auf die Website. Und das alles in gut 50 Sekunden”, so das Urteil der Juroren.
Der für das Ministerium für Wirtschaft erstellte Spot ‘You Can’t Spell it’ von AV Medien Film + Fernsehen GmbH erfüllt nach Auffassung der Jury seine Aufgabe perfekt. Für die Juroren war ‘Märklin – Gleis 1’ von der Karli Baumann Werbefilmproduktion “eigentlich wirklich großes Kino im Kleinen, aber einfach zu lang für einen Werbespot”.
PreisträgerInnen und Preisträger 2017
Die Stunde der Gewinner*innen – Impressionen von der Preisverleihung
Stefan Krohmer
mit ‘Zur Hölle mit den Anderen’
Dem in Balingen geborenen Regisseur Stefan Krohmer, der bereits für seine Filme ‘Ende der Saison’ (2001) und ‘Familienkreise’ (2003) den Grimme-Preis erhielt, gelang nach Auffassung der Jury mit der SWR-Produktion ‘Zur Hölle mit den Anderen‘ “ein Pointenfeuerwerk, wie man es aus Deutschland selten sieht. Krohmer schuf “eine urkomische, pointierte und klug geschriebene Gesellschaftssatire, die mit beeindruckender Genauigkeit und Leichtigkeit umgesetzt wurde”. Sein lakonisch komödiantisches Kammerstück stellt zwei Paare vor, deren Lebensentwürfe unterschiedlicher nicht sein könnten: Wo die eine ihren dreijährigen Sohn noch immer stillt und ihre intellektuellen Ambitionen aus Lesezirkeln bezieht, und dabei die perfekte Hausfrau an der Seite ihres Unternehmer-Macho-Mannes mimt, lebt die andere als Kulturmanagerin das Lebensmodell der alleinigen Versorgerin mit einem häuslichen Mann, der als Öko-Weichei und idealistischer Weltverbesserer herhält. Zunächst noch unter dem Deckmantel der Höflichkeit, halten sich die Sticheleien und kritischen Anspielungen der alten Freundinnen noch in Grenzen. Doch je weiter der Tag voranschreitet, umso offener wird die gegenseitige Abneigung zur Schau getragen, überdies allmählich auch die Fassade jedes Einzelnen bröckelt. Als sogar ein Kind in den Mittelpunkt der gegenseitigen Häme gerückt wird, gerät die Situation außer Kontrolle. “Bei diesen überraschenden Wendungen und den wechselnden Allianzen entwickelt die Handlung einen solchen Sog, der dem Zuschauer vor Lachen beinahe den Atem raubt. Dabei bleiben die Figuren immer nah und komisch abgründig zugleich. Zu verdanken ist dies nicht zuletzt dem grandiosen Ensemble, das mit faszinierender Authentizität agiert,” lobte die Jury.
Sinje Köhler
mit ‘Freibadsinfonie’
Die in Darmstadt geborene Regiestudentin Sinje Köhler spürt in ihrem Kurzfilm ‘Freibadsinfonie‘ “in einer eigenen Handschrift das Besondere im Alltäglichen auf, ohne dabei ins Banale abzugleiten”, so die Jury. Die Regisseurin beweise eine nuancierte Beobachtung ihrer Charaktere, sowie ein sensibles Gespür für die künstlerische Umsetzung. Das zeige sich im bewusst gewählten Einsatz der Bilder, der Musik und nicht zuletzt in der sorgfältigen Auswahl des Drehorts, der nicht unwesentlich zum Gelingen des Films beiträgt.
Mit Leichtigkeit erzählt der Film von einem Sommer, der endlos scheint, aber jäh unterbrochen werden könnte von einer aufziehenden Gewitterwolke. “Die göttliche Katharsis für die Figuren bleibt aus; jede bleibt letztendlich sich selbst überlassen. Und dennoch – und das ist die für uns schönste Schlussfolgerung des Films – nicht allein,” fand die Jury. Wie der Titel ‘Freibadsinfonie’ schon andeutet, geht es um ein Miteinander, das manchmal kompliziert scheint, ja sogar scheitern kann, wenn man es nicht mehr gewohnt ist, im zwischenmenschlichen Kontakt zu sein. Die Jury kam zu dem einhelligen Urteil: “Die liebevoll arrangierte Sinfonie lässt jede Person in diesem filmischen Abbild der Gesellschaft ihren ganz eigenen unverwechselbaren Ton spielen und bringt uns als Zuschauer ganz nebenbei dazu, unseren eigenen Tönen vergangener Sommer nachzuspüren”.
Nora Fingscheidt
mit ‘Ohne diese Welt’
Mit dem Dokumentarfilm ‘Ohne diese Welt‘ schließt Nora Fingscheidt ihre Regiestudium an der Filmakademie in Ludwigsburg ab. “Still, beobachtend und mit spürbarem Respekt, ermöglicht das Filmteam einen seltenen Einblick in das Leben von deutschstämmigen Mennoniten im Norden Argentiniens. Durch den subtilen Dialog, den das Filmteam mit den scheuen Menschen eingeht, wird ihre Präsenz zu einem Teil des Films und deutet dadurch auf den sich anbahnenden, von außen herbeigeführten Wandel innerhalb der Gemeinschaft hin”, begründet die Jury ihr Votum. Nora Fingscheidt und ihr Team schafften es durch eine ganz eigene Stimmung und Bildsprache einen “künstlerisch und inhaltlich beeindruckenden Film zu erzählen, der neben hohem stilistischen Anspruch immer authentisch bleibt”.
Maitte Schmitt
mit ‘A Priori’
Mit viel Fantasie und künstlerischer Eigenart, so die Jurybegründung, erzählte die Ludwigsburger Animationsstudentin Maite Schmitt ihre Geschichte über Vorurteil und Freundschaft. Dabei flattern originell gestaltete Charaktere durch die detailreich mit Buntstift gezeichnete Welt der alten Bücher und drohen sie zu zerstören. ‚A Priori‘ begeistert die Jury durch die hohe Filmästhetik, die gelungene Kameraführung und den klugen Mix aus 2D und 3D Animation. Farbgestaltung und Ausführung der Animation passten sehr gut zum Stil der Geschichte. “Die einfühlsame Musik und das pfiffige Sounddesign unterstreichen die märchenhafte Atmosphäre des Films. Intelligent – meisterhaft umgesetzt”, heißt es in der Jurybegründung weiter.
Für seinen Animationsfilm ‘Bis Donnerschdag‘ erhielt Michael Bohnenstingl, Student an der Filmakademie in Ludwigsburg, eine lobende Erwähnung. Sein Filmschau-Beitrag fasst thematisch ein heißes Eisen an, Mobbing in Schulen, und überzeugte die Jury dabei durch brillante Erzähl-Ökonomie und den frechen Stil. Es gehöre viel Zivilcourage dazu, sich im Rampenlicht bei der Schulaufführung gegen die schwäbischen Rapper zur Wehr zu setzen. “Dabei besticht der Film durch die stilistische Geschlossenheit als SW- Strichzeichnung und die reduzierten, markanten Charaktere. Die ausgefeilte Animation bringt den trockenen Witz auf den Punkt: unschlagbar spritzig”, begründete die Jury ihre Entscheidung.
PreisträgerInnen und Preisträger 2016
Chris Kraus
mit ‘ Die Blumen von gestern’
Tim Ellrich
mit ‘Die Badewanne’
Maximilian Feldmann, Luise Schröder
mit ‘Valentina’
Schoko Hara
mit ‘What they believe’
Viktor Stickel, Iring Freytag, Linus Stetter
mit ‘ Child’