Walter Sittler
Ehrenfilmpreisträger 2018
Schauspieler und Produzent
Der in Chicago geborene und in Stuttgart lebende Schauspieler und Produzent Walter Sittler (*1952) erhält den Baden-Württembergischen Ehrenfilmpreis 2018.
Der Titel einer SWR-Dokumentation über Walter Sittler bringt es auf den Punkt; er ist ‘Einer von hier’. Charmant und sympathisch schreibt Walter Sittler seit nunmehr 31 Jahren Fernsehgeschichte. Neben seiner großartigen Karriere als Schauspieler produziert Sittler auch Filme. Sein Lebensmittelpunkt ist in all den Jahren Stuttgart geblieben; was beides ein Indiz dafür ist, dass man auch von hier aus erfolgreich sein kann. Der Weltbürger engagiert sich in seiner Wahlheimat kulturell und nutzt seine Popularität als TV-Star gern dafür, sich für wohltätige Zwecke zu engagieren. Auch als kritische Stimme wird der dreifache Familienvater bundesweit gehört.
Ursprünglich wollte der beliebte TV-Star Arzt werden. Doch Walter Sittler entschied sich für eine Schauspielausbildung an der renommierten Otto-Falckenberg-Schule in München und eroberte in seiner späteren Fernsehkarriere auch als Doktor die Herzen des Publikums. So begeisterte Sittler in ‘Nikola’ (1997 bis 2005) als Chefarzt Dr. Robert Schmidt und eine Gastrolle in zwei Folgen der legendären ‘Schwarzwaldklinik’ (1987) stand am Anfang seiner TV-Laufbahn. Sittler fokusierte sich mehr und mehr auf Fernsehfilme und -serien und bescherte den Sendern regelmäßig gradiose Einschaltquoten. Zu seinen jüngsten Erfolgen gehören die TV-Serien ‘Der Kommissar und das Meer’ (2016/17), ‘Eltern allein zu Haus’ (2016/17) und ‘Daheim in den Bergen’ (2018).
Mit den Eltern kam Walter Sittler 1958 von Chicago nach Deutschland. Der Vater war Literaturprofessor, die Mutter Lehrerin und Übersetzerin; später war sie stellvertretende Schulleiterin im Internat Schloss Salem. Nach der Schauspielausbildung debütierte Sittler 1981 am Mannheimer Nationaltheater und war von 1988 bis 1995 am Staatstheater Stuttgart. Der Schauspieler, der seine Energie aus dem Familienglück schöpft, ist bekannt für sein komödiantisches Talent, aber auch in ernsten Rollen ist er ein Garant für gute Unterhaltung. Er wurde mit dem Adolf-Grimme-Preis und dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnet. Seit 2006 geht der Schauspieler mit Solo-Bühnenprogrammen wie einem Erich-Kästner- oder einem Dieter-Hildebrandt-Abend auf Tournee. Mit seiner Frau Sigrid Klausmann-Sittler, mit der er seit über 30 Jahren verheiratet ist, gründete er 1977 die Produktionsfirma ‘Schneegans Productions’. So entstanden bereits mehrere ausgezeichnete Dokumentarfilme.
Die Nachricht vom Baden-Württembergischen Ehrenfilmpreis war in den bundesweiten Medien ein Thema. Schließlich gehört Walter Sittler zu den Top-Stars des deutschen Fernsehens. Seine fiktiven Figuren sind den Zuschauern vertraut wie alte Freunde. Sie vermitteln ihnen Geborgenheit und ihre Abenteuer strukturieren ihren Alltag.
"Wir müssen aufstehen, alle miteinander"
Ehrenpreisträger Walter Sittler im Gespräch mit Hans-Peter Jahn für den Katalog zur 24. Filmschau Baden-Württemberg 2018
Ist die Homebase Stuttgart ideal für einen gefragten und beliebten Schauspieler?
Walter Sittler: „Gut, man verpasst eine Reihe von Premieren und rote Teppiche, dafür kann man sich hier in Ruhe bewegen. Stuttgart ist eine politisch interessante, manchmal aufreibende Stadt mit einer wunderschönen Umgebung und besondere Menschen – das gibt Zeit zum Nachdenken. Und das Kulturangebot, wenn man mal selber im Publikum sitzen möchte, ist sehr gut. Also, ich kann Stuttgart nur empfehlen.“
Der Südwesten bot Ihnen mit dem Mannheimer Nationaltheater, dem Stuttgarter Staatstheater und der legendären Fernsehserie ‘Schwarzwaldklinik’ prominente Startbedingungen für Ihre große Karriere als Bühnen- und Fernsehstar. Waren Sie immer schon der Frauenliebling?
Walter Sittler: „Da müssten Sie vielleicht die Frauen fragen. Ich wollte es schon sein, wars vielleicht auch, konnte aber nicht viel damit anfangen. Mir sagte mal ein Freund: ich müsse doch an jedem Finger zehn haben – an einen solchen Zustand kann ich mich allerdings nicht erinnern. Aber eines stimmt: viele Frauen mochten mein Schauspielerei, das hat mir schon gefallen und tut es noch, aber mein Ziel ist nicht in erster Linie den Frauen zu gefallen, es passiert einfach.“
Drei Frauennamen: Sigrid Klausmann-Sittler, Mariele Milowitsch und Inger Nilsson, einst die Pipi Langstrumpf im Kinoklassiker. Welche Rolle spielen sie in Ihrem Leben?
Walter Sittler: „Sigrid ist die Frau, für die ich jederzeit alles stehen und liegen lasse – die Wichtigste in meinem Leben; Mariele ist eine Freundin, die ich nie im Stich lassen werde und zudem eine wunderbare Kollegin; und Inger ist eine witzige Kollegin, mit der ich vielleicht noch einige Zeit auf Gotland Filme drehen darf.“
Roger Willemsen, Erich Kästner, Dieter Hildebrandt – was verbindet Sie mit diesen Persönlichkeiten?
Walter Sittler: „Ich bewundere bei allen Dreien die Fähigkeit zu einer exakten, unglaublich reichen und bilderstarken Sprache, ihre Konsequenz im Denken, die Zugewandtheit an die Welt und ihre Empathie für die Menschen und das untrügliche Gespür für Lug und Trug.“
SOS-Kinderdörfer und Kinderhospiz Bethel, SPD und ‘Stuttgart 21’-Kritiker: Sie sind ein sozial, gesellschaftlich und politisch engagierter Mensch. Wann erheben Sie Ihre Stimme für eine Sache?
Walter Sittler: „Letztlich erhebe ich die Stimme angesichts dessen, was passiert, nicht oft genug, aber wenn mir Ungerechtigkeiten zu groß werden, wenn zuviel gelogen und betrogen wird, dann möchte ich aufstehen und wir müssen aufstehen, alle miteinander.“
Als Filmproduzent setzen Sie sich für die Kinder dieser Welt ein. In ‘199 kleine Helden’, dient der Schulweg als Sinnbild für den Weg ins Leben, den Weg zur Bildung und damit für eine gute Zukunft. Mit Thomas Hitzelsperger machen Sie sich für die Township Kinder stark. Können Filme helfen?
Walter Sittler: „Ich bin überzeugt, dass gute Dokumentarfilme helfen können, einen klareren Blick auf die Welt, auf die Menschen in dieser Welt zu bekommen. Dokumentarfilme können Fakten – dies leider so missbrauchte Wort – klar beleuchten und herausheben, ohne dem Zuschauer oder der Zuschauerin eine Meinung aufzuzwingen. Es geht darum wie es um die Menschen und die Welt, in der wir leben, steht.“
Im Dokumentarfilm ‘Auf der Spur meiner Ahnen’ setzen Sie sich mit Ihren Eltern in der Nazi-Zeit auseinander. Heute greifen wieder Rechtsradikale die Demokratie an. Was ist in Deutschland in den zurückliegenden Jahrzehnten schief gelaufen, damit es zu dieser Entwicklung kommen konnte?
Walter Sittler: „Das ist nicht auf die Schnelle zu beantworten, aber nach meinem Dafürhalten sind die rasante ungleiche Umverteilung des Vermögens, die ungebremst weiter voranschreitet, sowie die Vernachlässigung der zeitgemäßen Erneuerung der Bildung und der Bildungseinrichtungen zwei der vielen Gründe. Auch ist der Glaube, dass ‚der Markt‘ schon alles regelt, wenn man ihn in Ruhe lässt und die sozialstaatlichen Regelungen zurückfährt, in meinen Augen ein Irrglaube. Es ist notwendig, soziale, wirtschaftliche und politische Ethik wieder in Einklang bringen. Alle drei Bereiche sind ohne klare Leitlinien, die immer wieder angepasst werden müssen, unbrauchbar. Demokratie ist anstrengend und nicht besonders aufregend, bildet aber die Grundlage für reiches, erfülltes und friedliches Leben.“
2019 steht vor der Tür. Welche neuen Projekte steuern Sie an?
Walter Sittler: „Da wird es wieder Filme auf der wunderschönen Insel Gotland geben, die Auftritte und Lesungen gehen weiter und dann sind noch Projekte vorhanden, deren jetzigen Stadium es verbietet darüber zu sprechen – bin selber gespannt, was davon Wirklichkeit wird.“