‘Tagundnachtgleiche’ gewinnt Baden-Württembergischen Filmpreis 2020
STUTTGART – Das Drama ‘Tagundnachtgleiche’ von der Regisseurin Lena Knauss aus Böblingen und mit den Schauspieler*innen Thomas Niehaus, Sarah Hostettler und Aenne Schwarz in den Hauptrollen gewann bei der 26. Filmschau Baden-Württemberg ONLINE den mit 2.000 Euro dotierten Baden-Württembergischen Filmpreis in der Kategorie Spielfilm. Als bester Kurzfilm wurde das Beziehungsdrama ‘Sinkende Schiffe’ von Andreas Kessler, Regiestudent an der Filmakademie Baden-Württemberg, mit dem 2.000 Euro dotierten Filmpreis ausgezeichnet. ‘Sommerkrieg’ von Moritz Schultz, Student an der Filmakademie Baden-Württemberg, erhielt den mit 2.000 Euro dotierten Dokumentarfilmpreis. An ‘Altötting’ von Prof. Andreas Hykade, dem Leiter
des Ludwigsburger Animationsinstituts und FMX Conference Chair, ging der mit 2.000 Euro dotierte Animationspreis. Drei Filmpreise wurden in der Kategorie Werbefilmpreis vergeben: Erster Platz für ‚Das Netz – Die neue Serie der S-Bahn Berlin‘ von fischerAppelt, play GmbH (Auftraggeber S-Bahn Berlin GmbH), zweiter Platz für ‚For Peter‘ von Cinecore Motion Pictures GmbH (Auftraggeber: Bentley InnoMed GmbH) und dritter Platz für‚Xentry Portal Imagefilm‘ von Blubb Media GmbH (Auftraggeber Mercedes-Benz AG/Global Service & Parts).
Dem Ludwigsburger Filmproduzenten Jochen Laube (‘Berlin Alexanderplatz’) wurde der diesjährige Baden-Württembergische Ehrenfilmpreis verliehen. Für Laudator Christian Schwochow ist Laube einer der wenige Produzenten, der auch dann bei seinem kreativen Team bleibt und nicht zum Opportunisten wird, wenn die Finanzierung eines Filmprojekts einmal in Gefahr gerät.
Die Hauptpreise im Wettbewerb um den Jugendfilmpreis Baden-Württemberg gewannen Julius Wieler aus Ludwigsburg (Bester Film ‘Wegweiser’), Jeanine Lang aus Stuttgart (Beste schauspielerische Leistung in ”Karussell’), Cornelius Braun aus Stuttgart (Beste Ensembleleistung, ‘Camp Arrival’), Björn Grimm aus Ludwigsburg (Bestes Drehbuch’ für ‘Wegweiser’), Jan Horvath aus Stuttgart (Beste Kamera, ‘Tildas Trost’), Joscha Nivergall aus Ludwigsburg (Bester Schnitt, ‘Wegweiser’), Oleg Stetzenko aus Stuttgart (Bester Musiukclip/Clip, ‘Miami’), Patrick Schober aus Marbach (Beste Visual Effects, ‘VR Episode I: Prolog’), Sebastian Greim aus Stuttgart (Bester Animationsfilm, ‘Leaving Earth’), Lilith Klaus aus Nürnberg (Förderpreis, ‘Aussengeister’) und Stefan Kern aus Sachsenheim (VVS-‘Goldene Orange’, ‘Ehrenlos’).
Im Rahmen der Landesfilmschau und des integrierten Nachwuchswettbewerbs Jugendfilmpreis (Jufi) Baden-Württemberg mit dem Partnerwettbewerb VVS-‘Goldene Orange’ wurden insgesamt 17 Filmpreise im Gesamtwert von 15.500 Euro vergeben.
Das Schaufenster der Filmbranche Südwest musste pandemiebedingt erstmals ins Internet ausweichen und bot somit einem bundesweiten Publikum einen einmaligen Überblick darüber, was im Land gedreht wird. Im Filmschau-Studio entstanden vorab Grußworte, Interviews, Masterclasses und Seminare unter anderem mit der Sängerin Cassandra Steen und der Schauspielerin Cornelia Gröschel. Im Forum ‘setUP media/Creative Industries Exchange’, das ebenfalls fester Bestandteil der Landesfilmschau ist, öffnete die Filmbranche Südwest ihre Trickkiste und zeigte, wie die Kamera das Publikum in eine Filmgeschichte hineinzieht und Pyro-Effekte für Filme im Computer entstehen. Staatssekretärin Petra Olschowski stellte sich in einem Talk der MFG Filmförderung Baden-Württemberg den Fragen zur ‘Filmkonzeption Baden- Württemberg 2020 in Corona-Zeiten’. Festivalleiter Oliver Mahn, für den es seine 20. Filmschau Baden-Württemberg war, zog eine positive Bilanz: „Obwohl diesmal alles anders war, haben wir ein digitales Format entwickelt, das beim Publikum ankam und auch in künftigen Kino-Ausgaben der Landesfilmschau Verwendung finden wird.“
Jury-Begründungen für die Baden-Württembergischen Filmpreise:
Gewinner Spielfilm: ‚Tagundnachtgleiche‘
„Ein Liebesfilm, der aktueller nicht sein könnte. Ist es die Sehnsucht, die Idealisierung, die Projektion auf den Menschen meiner Träume oder wird es eine Liebe für das wahrhaftige Gegenüber? Und wie reifen die Protagonisten in diesem Prozess? Mit diesen Fragen nimmt uns der Film mit auf eine subtile Reise in passgenauen filmischen Räumen, exzellent in Szene gesetzt, mit hervorragenden Schauspieler*innen besetzt und mit einer kongeniale Musik, die die jeweiligen Stimmungen besonders unterstützt. Eine gelungene und einfühlsame Gesamtkomposition, deren wunderbaren Bilder und Entwicklungen der Geschichte uns immer wieder überrascht und gespannt mitfiebern lässt. Und die Aussicht am Ende – ein Neuanfang? Sehr gelungen! Kino vom Besten!“
Gewinner Kurzfilm: `Sinkende Schiffe‘
„Ein intimer, leiser Film, der vom ersten Bild an auf bedrückende, brutale Weise unter die Haut geht und berührt. Feinfühlig und mit herausragender schauspielerischer Leistung der drei Hauptdarsteller*innen inszeniert Andreas Kessler ein Familiendrama um Gewalt und Liebe, Unterdrückung und Zuneigung, Ängste und Sehnsüchte der drei Protagonist*innen. Mit der Hauptfigur Sara verfangen wir uns in einem emotionalen Netz aus bemühter Anpassung, Scham, Abhängigkeit und Sorge um den gemeinsamen Sohn. Schmerzhaft empfinden wir die allgegenwärtige Angst vor der nächsten Eskalation ihres Mannes Theo und das fast ohnmächtige Bedürfnis nach Befreiung. Ob diese darin liegen kann, selbst zum Täter zu werden, wenn man die Macht und Möglichkeit dazu hat, damit konfrontiert uns ‚Sinkende Schiffe‘ und bietet dabei keine einfachen Lösungen, keine offensichtliche „Rettung“, sondern beleuchtet ein gesellschaftlich höchst relevantes, von außen oft unsichtbares Tabu-Thema – familiäre Gewalt – intensiv und eindringlich.“
Gewinner-Dokumentarfilm: ‚Sommerkrieg‘
‚In der Ukraine herrscht Krieg. Jasmin und Jastrip, beide zwölf Jahre alt, gehen ins Sommerlager des ultranationalistischen Asow-Bataillons. „Die, die gehorchen, werden nicht bestraft“, heißt es von den selbst noch jugendlichen Ausbildenden, die die Kinder in paramilitärischen Drill nehmen. Der Film ‚Sommerkrieg‘ zeigt sehr drastisch, wie die Kinder für die Anpassung an ein rigides System mit Anerkennung belohnt werden und dies eine fast unerklärliche Faszination und Motivation schürt. Beobachtend, respektvoll, aber mittendrin dokumentiert der Film das paradoxe Geschehen mit allen Mitteln der Filmkunst. Dabei greifen Montage, Filmmusik und Tongestaltung gezielt ineinander, um die Haltung des Regisseurs subtil aber doch klar zu vermitteln. So wie die autoritäre Führung des Lagers die Kinder in ihren Sog zieht, so zieht auch der Film die Zuschauenden beklemmend in seinen Bann. ‚Sommerkrieg‘ wirkt lange und intensiv nach und wirft grundsätzlich die Frage nach einem gesunden Verhältnis von Sicherheit und Freiheit auf – ein Thema, das auch in unserer Gesellschaft aktueller ist denn je.‘
Gewinner Animationsfilm: ‚Altötting‘
‚‘Altötting‘ von Andreas Hykade nimmt die Zuschauer*innen mit auf eine sehr persönliche Reise des Glaubens, von der beinahe unendlichen Liebe zur Jungfrau Maria bis hin zum Verlust derselben. Am Schluss bleibt die Zerrissenheit zwischen der Erkenntnis und der verlorenen Liebe. Aus dem immer-gleichen schwarz-weißen Stakkato des „Lauf des Lebens“ der Trauernden entwickelt sich durch kraftvolle Farben, mystische Figuren und eine wunderbar fließende Animation ein ekstatischer Zustand der Liebe.‘
Werbefimpreis, Platz eins: ‚Das Netz – Die neue Serie der S-Bahn Berlin‘
‚Es geht immer solange nicht bis eine kommt und es einfach mach. So die S-Bahn Berlin. Wo andere Agenturen immer wieder besprechen dass man eine BrandedEntertainment- Serie nur dann erfolgreich produziert, wenn man einen Entertainment Regisseur holt, Entertainment Schauspieler bucht und ein Script das nicht wie Werbung daher kommt – hat Das Netz genau das einfach getan. Mit weitem Abstand die Nummer 1 in diesem Wettbewerb und hoffentlich ein KickOff für eine ganze Branche. Chapeau!‘
Werbefilmpreis Platz zwei: ‚For Peter‘
‚Mit Mut zum Außergewö hnlichen hat uns der folgende Spot ü berzeugt. Denn er ist ein tolles Beispiel dafü r, dass man auch mit ernsten Themen humorvoll und skurril umgehen darf. Das erfordert natü rlich Mut von Seiten des Kunden und der Produktion. Bleibt dafü r aber im Gedä chtnis. Mit ‚For Peter‘ ist dieser Spagat großartig gelungen. Die Firma Bentley InnoMed GmbH, ein Hersteller von Minimal-Invasiven Behandlungstechniken, hat zusammen mit Cinecore Motion Pictures einen humorvollen, emotionalen und nicht ganz branchenü blichen Spot kreiert. Die Geschichte eines Dart- Helden aus einer Kleinstadt, wird zum Synonym fü r die Werte des Unternehmens. Bentley ist fü r alle Alltagshelden dort draußen da – egal aus welcher gesellschaftlichen Schicht. For Peter, Lisa, Jeremy, Isabel, Ahmed… jeder ist ein Star, und jeder einzelne verdient nur das beste Bentley-Produkt, wenn es um seine Gesundheit geht. Wohlverdient & ‚From the Heart‘!‘
Werbefilmpreis Platz drei: ‚Xentry Portal Imagefilm‘
‚Mit einem humorvollen, schrägen Casting, verspieltem und liebevollen Setdesign, wird hier die Arbeitswelt von gestern durch den Kakao gezogen. Und das für einen Auftraggeber, der eigentlich genau dieser Welt entstammt… Mutig vom Kunden und auch von der Produktion. Das ganze in einem Format von fast zwei Minuten, in Zeiten in denen 5-Sekünder effektvoll nach Aufmerksamkeit schreien und scheinbar das Maß der Dinge geworden sind. Dieser Film wirkt anders, sehenswert, neu gedacht, mit Leidenschaft umgesetzt und das kann man in jeder Einstellung sehen. Glückwunsch zu einem tollen Film, der die Auflösung am Ende vielleicht etwas zu “richtig” macht, aber ingesamt zeigt, wie phantasievoll und ungewöhnlich ein Imagefilm umgesetzt werden kann, wenn man bereit ist etwas mutiger an ein Konzept zu gehen.‘
Jugendfilmpreis, Bester Film: ‚Wegweiser‘
‚‚Wegweiser‘ überzeugt durch seine mitreißende Dynamik in der Erzählung, die nicht vom Weg abkommt und in keinem Moment langweilig wird. Die intelligente und gut geführte Montage verbindet Orte und Zeiten gekonnt miteinander. Die Personeneinführung ist sehr gelungen, die einzelnen Charaktere sind stimmig und gut ausgearbeitet und lassen sich genug Raum in der Geschichte. Die Spannung in diesem entschiedenen Kurzfilm wird bis zum Ende gehalten, die Geschichte öffnet mehrere Erzählräume und verblüfft am Ende. Das Thema Alkoholmissbrauch ist leider ein immer noch relevantes und ernstes, dennoch wird ohne den didaktischen Zeigefinger inszeniert – hierin liegt die Stärke des Films: auf den Punkt und dennoch empathisch.‘